Ursprung und Entstehung

Die Taube des Jan Steen

Heute der moderne Altholländische Kapuziner

Die Taube des Jan Steen – heute der moderne Altholländische Kapuziner Eine Strukturtaube im Wandel der Zeit von der Kragentaube zu einem modernen Rassevertreter Verfasser: Richard Kaesler, 58706 Menden, Wasserstr. 16

Der Ursprung unserer Altholländischen Kapuziner liegt zweifelsfrei im asiatischen Raum. Diese "Taube des Jan Steen", wie sie im Mutterland liebevoll genannt wird, findet bereits um 1500 Erwähnung, nach unserer Musterbeschreibung wird sie nachweislich ab 1661 gezüchtet.

Mit einer Einschränkung müssen wir allerdings leben: Der "Altholländische Kapuziner" ist neueren Ursprungs, aber die Ahnenreihe unserer Kapuziner geht bis in diese Zeit um 1500 zurück.

Berühmte niederl. Maler haben diese Taube bereits auf ihren Bildern dokumentiert, so Jan Steen (1626-1679) und Melchior d'Hondecoeter (1636-1695). Auch viele unbekannte Maler dieser Zeit hatten Kapuziner auf ihren Bildern Ob die Bilder authentisch sind, ist nicht mehr nachvollziehbar. In der neueren Zeit weist Prütz im Jahre 1876 in seinem "Mustertaubenbuch" auf unsere Rasse hin: "Diese Taube, die von Baldamus u. a. als der Stammvater der Perückentauben angesehen wird, ist ein edler Tümmler in des Wortes vollster Bedeutung." Die Namensgebung Kapuziner geht auf den Kapuziner-Mönch mit seiner braunen Kutte zurück. In der Musterbeschreibung wird von der "alten Mönchzeichnung" gesprochen.

In einer fundierten Abhandlung von Zuchtfreund Ulrich Reber, Mosbach. im Jahre 1887 spricht dieser von einer ungemein schwierigen Aufgabe, den geschichtlichen Verlauf der Rasse nachzuweisen. Denn, wie er ausführt, werden in älteren Werken oft keine oder nur selten Unterschiede gemacht zwischen Kapuzinern und Kapuzentauben, Perückentauben. Jakobinern. Zopf- oder Schleiertauben. Reber beginnt seine Nachforschungen in alten Werken bei Moore. Dieser beschreibt 1735 drei verschiedene Schläge. Lewis Wright stellt nur lakonisch fest, sie stammten aus Kleinasien. C. G. Friderich, der süddeutsche Fachschriftsteller, beschrieb die Kapuzinertaube als "einen echten Tümmlerkopf mit Perlaugen, aber einer dicht aufliegenden Haube" als Eigenart. Und weiter: "Diese Haube ist dicht geschlossen wie bei den Perücken. hat aber keine Kelle." Er nennt die Taube daher auch "Kapuziner- Tümmler". Auch Schütte verwies zuverlässig darauf.

Unterschiedliche Wertungen

Dr. A. Lavalle beschreibt 1905 den Kapuziner als "eine seltene ausländische Rasse" aus Kleinasien, etwa um 1850 durch Caridia nach England gebracht. Im Taubenbuch von Zurth spricht dieser von Beduinen, die Kapuziner mitgebracht hätten und diese "Shah Nila Isbazih" nannten, königliche Nilflieger.

Dürigen sah in der ersten Ausgabe seiner "Geflügelzucht" die Kapuzinertaube gewissermaßen als den Übergang von den kurzschnäbligen, hochstirnigen Tümmlern zu den eigentlichen perückentauben an und bezeichnete sie als "feine, kurzschnäblige Tauben". In der zweiten Ausgabe seines Werkes steht dann der auffällige Satz: "Man muss es bedauern. dass diese reizende, muntere, gut und ausdauernd fliegende Taube bei uns nur ganz vereinzelt gehalten wird "

Zweifellos kannte Dürigen sie selbst oder hatte zumindest zuverlässige Kunde von solchen Kapuzinern. denn was er nun beschreibt, passt sehr gut zu den echten asiatischen Kapuziner-Tümmlern! Eine Abbildung in seiner dritten Werksausgabe zeigt zweifellos eine Taube als Kapuziner, die viel von einem guten Tümmler an sich hat. Eine weitere Wertung unserer Ahnen möchte ich durch Marten belegen. Marten berichtet, dass er bislang nur schwane Tiere sah. und weiter führte er aus: ..." und erscheint es zweifelhaft, ob es, wie vielfach behauptet wird, noch andersfarbige gibt." Marten verweist auf den hohen Sattheitsgrad der Farbe und den feinen Grünglanz. Das Auge war nach seiner Beschreibung weiß mit großer, schwarzer Pupille. Der Schnabel seiner Deutung nach so lang wie der eines "sehr langschnäbligen Mövchens."

Geschmückt mit vielen bedeutsamen Namen wie Märchenfeen, Globetrotter, Taube des Jan Steen ist der Ursprung wohl die Kragentaube, die auch der Stammvater der Perückentaube ist. In neuerer Zeit wurde unsere Rasse wieder entdeckt durch Henk Moezelaar (1900-1987), dem das Verdienst zukommt, durch Resttiere auf Bauernhöfen in West-Brabant den neuen Typ geschaffen zu haben. Hier war unsere Rasse damals zu Hause, also eine unkomplizierte, einfache Taube. Auch durch Kreuzungen mit Perückentauben wurde ein moderner Taubentyp geschaffen. Ursprünglich hatte die Kapuzinertaube dunkle Augen, auch in Deutschland Aber der moderne Typ von Henk Moezelaar hatte das unreine Perlauge. In unseren Anfängen in Deutschland wurden die Kapuziner noch ein wenig belächelt und ihnen der nicht sehr angenehme Name "kaputte Perückentaube" angedichtet Aber in der heutigen Zeit verbindet uns mit den Perückentauben außer einer großen Schar angenehmer Züchterfreundschaften nur das im Standard unter Augenfarbe geforderte "unreine Perlauge". Ansonsten sind durch züchterischen Fleiß zwei absolut unterschiedliche Rassen entstanden.

Neuere Geschichte

Der holländische Sonderverein gründete sich am 10. Januar 1959 und vereinigte die Züchter im ,,0ud-Hollandse Kapucijnen-Club" unter dem Motto: "De duifvoor jederen" - die Taube für jedermann.

Sie sollte eine Strukturtaube mit Tümmlerblut sein -lebhaft, vital und pflegeleicht Diese Attribute sind noch heute unser Grundsatz und haben den Beliebtheitsgrad unserer Rasse erhalten. Unser Club hat seit Gründung am 1. Januar 1966 eine kontinuierliche Steigerung seiner Mitgliederzahlen erfahren, z. Z. sind ca. 135 Mitglieder aus der Schweiz, Frankreich, den USA und Deutschland in unserem Club. Eine relativ hohe Züchterschar außerhalb unseres Clubs wird wohl nie dem Sonderverein zugeführt werden können, das sind die "Liebhaber". Meist mit großen Beständen, die aber nicht immer dem hohen Standard unseres SV genügen. Bereits im zeitigen Frühjahr treffen sich Zuchtfreunde, um die Zuchtpaare optimal zusammenzustellen. Denn vier Augen sehen mehr als zwei - so sagt man.

Die offiziellen Aktivitäten des Clubs erstrecken sich über das gesamte Jahr. Nicht nur die Jahreshauptversammlung, die immer an einem anderen Ort in unserem Lande stattfindet (meist im Mai), ist eine interessante Wochenend-Veranstaltung. Mit Züchtergesprächen und Jungtierbesprechung wird bereits im Frühjahr die neue Tauben-Generation besprochen. Des Weiteren treffen sich holländische und deutsche Zuchtfreunde an unterschiedlichen Orten in Deutschland oder den Niederlanden, um den so genannten "Hokbezoek" (Stallbesuch) zu veranstalten. Es werden an einem Samstag im Frühjahr/Frühsommer die Stallanlagen von 2 oder 3 Zuchtfreunden besucht, um die ersten Produkte des neuen Zuchtjahres in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit kommt die Gemütlichkeit nicht zu kurz.

Nach der Mauser beginnen dann die offiziellen Jungtierbesprechungen im Bereich West, Ost und Süd Die Entfernungen sind so reichlich, dass auch diese Entfernungen für manchen Züchter noch reichlich anstrengend sind. Unter fachlicher Leitung von Sonderrichtern werden die besten Tiere ermittelt; aber Vorsicht: nicht immer bringen diese Tiere auf den Ausstellungen den besten Erfolg. Es ist nur die momentane Vorstellung im September, die bewertet werden kann. Es kommen auch noch andere Vertreter! Auf den herbstlichen Ausstellungen und Großschauen sind wir immer reichlich vertreten, denn unsere Taube ist mit recht geringem Aufwand in die Käfige zu bringen. Neben der normalen Federpflege und einem einmaligen Kappen-Putzen sind wir bereits fertig. Auch überstehen sie die Tage im Käfig ohne größeren Stress, man sollte im laufenden Jahr aber nicht zu oft ausstellen - aber das gilt ja für jede Rasse.

Bewertung

Nun kommen wir zur unvermeidlichen Tatsache der Bewertung. Die Sonderrichter haben es nicht immer leicht, auch genau den Geschmack des Ausstellers zu treffen. Hier treffen manchmal doch so einige Vorstellungen aufeinander. Genau da treffen sich subjektive und objektive Anschauungen. Nicht immer, aber doch einige Male.

Wir wollen dem Sonderrichter auch mal einen Fehler verzeihen, es sei denn, er macht diesen vorsätzlich. Der Preisrichter wird immer sein Bestes geben, er dient genau wie der Aussteller dem Sonderverein. Um ein wenig auf die Problematik der Bewertung einzugehen, möchte ich mich auf meinen Bericht über die korrekte Bewertung beziehen, der in der Geflügelzeitung 22/2000 abgedruckt wurde.

Das Vorwort hierzu habe ich folgendermaßen verfasst: Der Altholländische Kapuziner steht, was Qualität und Quantität betrifft, im Ausstellungswesen in der vorderen Reihe. Früher geisterte das böse Wort "...kaputte Perücke" durch die Lande. Mit den Perückentauben verbindet uns neben vielen Züchterfreundschaften eigentlich nur noch die Augenfarbe nach dem Standard: das unreine Perlauge. Wohl liegt der Ursprung beider Rassen auf einer Ebene, aber durch Züchterfleiß und die Vorgabe des Standards sind zwei absolut eigenständige Rassen entstanden, die jeweils für sich einen großen Freundeskreis haben. Unsere beliebte Rasse ist entweder erstens ein Tümmler mit Strukturmerkmalen oder zweitens eine Strukturtaube mit lebhaftem Wesen. Das geht allerdings nicht so weit, dass Unruhe im Schlag herrscht Der Besatz sollte nicht zu eng sein, dadurch schädigt sich der Züchter selbst. Wenn um Platz und Rang gekämpft wird, ist das Nackengefieder eine beliebte Angriffsfläche, um dem Gegenüber oder Rivalen eins auszuwischen. Und der unerfahrene Züchter hat ein Motiv für die unfertige Struktur: ...die (Dauer)-Mauser ist's. Auch die körperliche Entwicklung, da selten noch im Freiflug, geht einher mit etwas mehr Freiraum. Selektion/Bestandsausdünnung aufgrund rassespezifischer Merkmale ist leicht -und unbedingt notwendig. Wenn der Standard vorschreibt: "gut gerundete Brust", muss ich der körperlichen Entwicklung eine Chance geben. Auch eine angemessene Anzahl von Sitzbrettchen sollte vorhanden sein. Da wir unter anderem eine Zeichnungstaube haben, ist hier die Selektion recht einfach. Es gibt Fehlzeichnungen, die sind irreparabel. Das gleiche gilt bei Augenfehlern: ein dunkles Auge, seltener beide, ist ein Grund zu selektieren, da Ausschlussfehler. Ansonsten kann man sagen, der Kapuziner ist vital. fruchtbar, frohwüchsig und ohne störende Rassemerkmale, die zurzeit leider allzu oft auf dem Prüfstand stehen.

Bitte nicht falsch verstehen: aber wir sind durch die Gnade der Geburt - sprich Züchtung - auf der richtigen Seite.

Nun darf ich überleiten zu meinem vorher angesprochenen Bericht in der Fachpresse über die korrekte Bewertung. Seit 40 Jahren mit Strukturtauben vertraut (u.a. Pfautauben), züchte ich seit 22 Jahren mit recht gutem Erfolg Altholl. Kapuziner. Das wichtigste ist m. E., das ein Züchter, der Erfolg haben will - immer vergleichen muss. Sowohl bei den Zuchtkollegen als auch bei offiziellen Tierbesprechungen. Und ich muss den Mut haben, Rassemerkmale durch Rasse- oder Farbkreuzungen zu festigen oder zu aktivieren. Dazu gehört genetisches Grundwissen und vor allem viel Geduld.

Die Bewertung aus der Sicht des Sonderrichters

Diese Passage soll nicht zu ausführlich ausfallen, aber die entscheidenden Punkte müssen abgehandelt werden. Beim Bewerten muss der Typ (Figur mit gut gerundeter Brust) mit der geordneten Strukturanlage höchste Beachtung finden, dazu die nach dem Standard geforderte waagerechte Haltung. Hals- und Beinlänge sind Attribute, die bei guter Figur erst eine optimale Erscheinung bewirken. Halslänge - um die Struktur zu tragen und zu zeigen -und Benlänge - um den edlen Gesamteindruck zu präsentieren. Niedriger Stand und kurze Beine wirken plump und zeigen nicht die entsprechende Relation zur gewünschten Halslänge. Der Standard verlangt wohlwissend einen "mittelhohen Stand", nicht mehr und nicht weniger.

Wichtigste Grundlage für eine ordnungsgemäße Struktur ist die Halslänge. Die Kappenfeder sollte den Kopf um ca. 2 cm überragen, ihn also einbetten. Vom ist der so genannte Halskragen, der ohne Lücken oder aufzublättern in den Flügelbug einfließt Bei entsprechender Brust- und Kappenbreite passen zwei Finger zwischen den Halskragen. Auf der Hinterseite bilden sich die Nackenstrukturfedern, rund und voll angesetzt Die seitliche Rosette wünschen wir uns kurz oval, mit dem Hals verlaufend. Die gesamte Struktur sollte harmonisch gerundet und fest sein, keine straffe Mähne. Der Standard verlangt die Gefiederfarbe gleichmäßig und satt. Die Feder sollte jedoch nicht haarig werden.

Die verschiedenen Farbenschläge mit den Grundfarben Gelb, Rot, Schwarz., Dun werden am strengsten bewertet, es folgt der Farbenschlag Weiß (den es eigentlich nicht geben dürfte, hier ist die Mönchzeichnung nicht erkennbar), Fahle in Rot, Blau und Gelb, Getigerte in Rot, Gelb, Schwarz, Blaue mit schwarzen Binden. Blaugetigerte sind in Ansätzen bereits erzüchtet und konnten auch in Holland mal ausgestellt werden.

Gesamterscheinung: vitale Tauben mit unreinem Perlauge, Strukturmerkmale wie beschrieben, Gesicht/Kopfzeichnung sauber gezeichnet Die Schwingung ist korrekt, wenn mindestens 7 und höchstens 12 Schwingen weiß sind. 13 weiße Schwingen oder mehr bei Getigerten und Wechselschwingen (weiße Feder im farbigem Bereich oder farbig im weißen Bereich) zählen zu den groben Fehlern, mit der Note b als Folge. Die Daumenfedern am Bug werden farbig erwünscht -aber nicht zwingend verlangt. Sollte der Bug von vorne gesehen aber weiß erscheinen, ist der Toleranz des Preisrichters eine Grenze gesetzt.

Kurz einige Fehler, die sich immer wieder einschleichen: unkorrekte Kopfzeichnung, Farbe geht bis zum Auge (einseitig oder beidseitig), Stoppeln an den Beinen, Hängeflügel, Stulpflügel (d h. unkorrekte Rückenabdeckung), Augenschirme oder Kopfpartie ohne Stirnwinkel, das Gesicht wirkt spitz. Durch Abstufung bei der Bewertung werden diese Fehler bestraft.

Schwierigkeiten bei der Bewertung der Schwingenfarbe gibt es oft durch Allgemeinrichter. Die schwarze Feder ist durchgefärbt, bei Rot und Gelb haben wir aufgrund unseres "Brieftauben-Rot" eine hell auslaufende Feder (ähnlich einer Finkenzeichnung). Das darf nicht geahndet, geschweige bestraft werden. Durch Farbkreuzungen sind in den Jahren feine Typen herausgezüchtet worden. Bei einigermaßen Kenntnis der Vererbungslehre kein großes Problem. Die hier entstandenen Farbvarianten lassen sich nicht immer korrekt zuordnen, sind aber eine Bereicherung für die Weiterzucht

Als Fazit lassen Sie mich folgendes bemerken: Zuerst das Schöne des Tieres, die Erscheinung, den Charakter sehen und bewerten, dann erst die Einzelheiten auf der Grundlage des Standards.

Richard Kaesler, Menden

 

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